ModalX: Sensorgestützte und datenschutzkonforme Modalitätsextraktion
Im Projekt „ModalX“ wird ein neuartiger und potenziell disruptiver Lösungsansatz für die intermodale Mobilität erforscht, bei dem die aktuelle Nutzung bestimmter Verkehrsmittel im ÖPNV- und Individualverkehr automatisch erkannt wird. Ziel ist es, eine zuverlässige und automatische Modalitätserkennung mit einer vertrauenswürdigen Edge-Cloud-basierten Plattform zu schaffen. Diese kann z. B. für klug gebündelte Mobilitätsdienstleistungen wie Location-Based-Services oder E‑Ticketing dienen und mit weitergehenden Datenräumen (z. B. GAIA‑X oder Datenraum Mobilität) und Mehrwehrdiensten verknüpft sein. Somit unterstützt die geplante ModalX-Plattform Anwendungen im ÖPNV-Bereich und leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltig erfolgreichen Digitalisierung und der Verkehrswende Deutschlands.
Die Stadtwerke München (SWM) werden an diesem strategisch wichtigen Vorhaben ohne Fördermittelbedarf mitwirken und ModalX auf vielfältige Weise unterstützen: mit Know-how zur Mobilität in München, zum Fahrgastverhalten, weiteren Mehrwert stiftenden Anwendungsfällen und Einsichten für Verkehrsunternehmen sowie mit der Option der zukünftigen Integration in die SWM-Systemlandschaft im Fall des erfolgreichen ModalX-Projektes.
Aufbauend auf den Forschungsergebnissen des Deutsches Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) – hinsichtlich einer sensorgestützten Ermittlung des jeweils aktuell genutzten Verkehrsmittels im ÖPNV-Verkehr – und dem Know-how von sepp.med – hinsichtlich hochsicherer und datenschutzfreundlicher mobiler Cybersicherheitslösungen sowie vertrauenswürdiger Cloud-Infrastrukturen – sollen die verschiedenen Sensoren und Schnittstellen, die in mobilen Endgeräten zur Verfügung stehen, im Realbetrieb auf ihre Tauglichkeit bei verschiedenen Mobilitätsangeboten getestet werden.
Immer mehr Mobilitätsangebote, immer weniger Übersicht
Die Menschen in der Stadt und auf dem Land sind multimodal unterwegs. Immer öfter benutzen sie mehr als nur ein Transportmittel, um zur Arbeit, zum Einkaufen oder zu Freizeitaktivitäten zu gelangen. Neben den klassischen Transportmitteln, wie dem eigenen Fahrzeug oder Fahrrad, Bus/Bahn/Tram oder schlicht zu Fuß, sind in den letzten Jahren eine Reihe neuer Transportmöglichkeiten mit neuen Mobilitätsdiensten hinzugekommen. In städtischen Umgebungen sind in den letzten Jahren vermehrt sogenannte Sharing-Angebote entstanden, bei denen Fahrräder, E‑Scooter, E‑Motorräder oder andere Fahrzeuge ad-hoc per Smartphone gemietet werden können – meist mit kilometer- oder minutengenauer Abrechnung direkt über die Smartphone-App des jeweiligen Anbieters. In ländlichen Umgebungen finden Sharing-Angebote in Form von Rufbussen, Fahrgemeinschaften (Ridesharing) und der smarten Nutzung privater Taxis als Ergänzung des Linienverkehrs zunehmende Beliebtheit.
Durch die steigende Anzahl an Mobilitätsalternativen und die rasante Geschwindigkeit, in der neue Dienste entstehen oder auch wieder verschwinden, ist es für Nutzer schwierig, den Überblick zu behalten. Dies gilt besonders beim Wechseln in ein neues Gebiet, in dem wieder andere Mobilitätsdienstleister mit anderen Lösungen präsent sind. Jeder einzelne Mobilitätsanbieter stellt eine eigene Smartphone-App bereit, in der ein Nutzer einen Account erstellen sowie private und sensible Daten zur Abrechnung hinterlegen muss. Diese individuellen Apps haben jeweils ihre eigene Nutzerschnittstelle mit ihrem eigenen „Look & Feel“ und eigener Anordnung von Funktionen, was die Nutzbarkeit erschwert.
Aus diesen Gründen ist diese Vielzahl an Insellösungen für den Nutzer unübersichtlich, zeitraubend, wenig datensparsam und bisweilen sogar unsicher. Wünschenswert wäre es vielmehr – sowohl für Fahrgäste als auch für Verkehrsbetriebe wie die Stadtwerke München und die rund 140 weiteren Verkehrsbetriebe in Deutschland – wenn auf die Installation respektive auf die Entwicklung und Pflege individueller Apps und kostenträchtiger Ticketing-Lösungen verzichtet werden könnte.
Die Lösung: Sensor-basierte Modalitätserkennung, datenschutzkonforme Datenverarbeitung und einfache Abrechnung
Statt einer Ansammlung unterschiedlicher Apps auf dem Smartphone eines multimodalen Fahrgastes sollte es ein zuverlässiges Abrechnungsverfahren auf Basis von datenschutzfreundlichen Pseudonymen geben, das auf scheinbar magische Weise die tatsächliche Nutzung der unterschiedlichen Verkehrsmittel berücksichtigt. Die technischen Grundlagen dafür bieten Daten aus den in Smartphones verfügbaren Sensoren in Kombination mit modernen Edge-Cloud-basierten Datenräumen und vertrauenswürdigen Algorithmen aus dem Bereich der „künstlichen Intelligenz“ (KI).
Eine essenzielle Voraussetzung hierfür ist es, eine zuverlässige Sensor-basierte Modalitätserkennung über „schlaue Algorithmen“ und die vertrauenswürdige und datenschutzfreundliche Integration mit Edge-Cloud-basierten Datenräumen zu schaffen.
ModalX legt die Grundlage für zukunftsweisende Mobilitätsdienstleistungen auf Basis von Location-Based-Services
Die Erforschung und Lösung der beiden beschriebenen Problemfelder sind Gegenstand des ModalX-Vorhabens, das zudem die Grundlage für die breite Nutzung klug gebündelter Mobilitätsdienstleistungen auf Basis von Location-Based-Services mit zukunftsträchtigen, scheinbar ticketlosen Abrechnungsverfahren bereitstellt.
Diese zukunftsträchtigen Sensor- und Edge-Cloud-basierten Mobilitätskonzepte haben das Interesse der Stadtwerke München GmbH (SWM) – Resort Mobilität – geweckt. Durch die zentrale Rolle der Stadtwerke München im Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist zudem die Verwertung der Forschungsergebnisse innerhalb Deutschlands und darüber hinaus sichergestellt.
Die Projektpartner
Das Kernteam des ModalX-Projekts (von links): Fr. Dr. Estefanía Muñoz Díaz und Dmitry Gubenko (DLR), Sebastian Polster, Dr. Martin Beißer und Michael Sollfrank (sepp.med gmbh)
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird als Forschungspartner mit ausgewiesener Expertise im Bereich der Mobilitätsforschung neue Algorithmen der Signalverarbeitung von Smartphone-Sensordaten erforschen. Auf dieser Basis erfolgt die Entwicklung leistungsfähiger KI-Methoden für den Einsatz im Smartphone und im Backend-Server, die ein automatisches Detektieren einer ausgewählten Gruppe von Verkehrsmitteln ermöglicht.
DLR ist für die wissenschaftlichen Arbeiten im ModalX-Projekt verantwortlich. Zur Detektion und Klassifizierung des jeweiligen Transportmittels sollen die Daten der unterschiedlichen, sich regelmäßig in Smartphones befindenden Sensoren – Trägheitssensoren, Magnetometer, Lichtsensor, Mikrofon und GNSS-Empfänger (globales Satellitennavigationssystem) – systematisch untersucht werden. Unter Verwendung von Sensor-Rohdaten aus umfangreichen Messkampagnen wird DLR neuartige Signalverarbeitungsalgorithmen, die insbesondere auch leistungsfähige Methoden der KI beinhalten werden, erforschen. Zum Entwickeln, Adaptieren und Trainieren der Algorithmen werden Versuche mit Probanden in realen Umgebungen durchgeführt.
sepp.med ist zuständig für die Entwicklung des ModalX Software Development Kit (SDK) für die Ausarbeitung des in diesem Anwendungsfall essenziellen Datenschutzkonzepts sowie für die vertrauenswürdige Integration in entstehende Edge-Cloud-basierte Datenräume wie GAIA‑X. Dies erlaubt es, weitere Mehrwerte durch die datenschutzfreundliche Auswertung der anfallenden Mobilitätsdaten erschließen zu können.
sepp.med ist für die Projektkoordination, die Abstimmung der Hard- und Software-Anforderungen sowie für die Erstellung der Software-Architektur samt des essenziellen Datenschutzkonzeptes verantwortlich. Die Entwicklung des ModalX-SDK (Nutzer-Interface, Sensor-Schnittstelle und Kommunikationsschnittstelle sowie Backend-Server) erfolgen auf Basis entsprechender Projekterfahrungen, z. B. durch die Entwicklung von Komponenten zur Auswertung und Darstellung von streckenabhängigen Messwerten an Oberleitungssystemen im Straßenbahnverkehr und vielfältigen Client-/Server-Systemen im Bereich medizinische Bilddatenverarbeitung. Aus dem medizinischen Bereich leiten sich auch die Erfahrungen für zertifizierungsfähige Datenschutzkonzepte ab.